Das kalifornische Spade Bit: Philosophie, Kunst, Praxis

Das kalifornische Spade Bit: Philosophie, Kunst, Praxis

Gedanken über das kalifornische Spade Bit: Philosophie, Kunst, Praxis

Von Gwynn Turnbull Weaver (übersetzt von Siegfried Peisker)

Ich stand damals an der Ecke einer der vielen hundert Buden, die in Los Angeles auf einem großen Platz für den Flohmarkt aufgebaut worden waren. Die Eltern meines Freundes hatten mich dahin mitgenommen. Auf dem Tisch des Standes wurde billiger Schmuck angeboten. Während ich gelangweilt darüber schaute, blieb mein Blick an einer alten Holzkiste hängen. Die schrägen Strahlen der Nachmittagssonne ließen deren Inhalt blinken und schimmern. Sie war gefüllt mit alten kalifornischen Spade Bits, abgelegt als Krempel. Teilweise missbrauchte, falsch verstandene Gegenstände. Das war 1969, ich war damals sieben Jahre alt.

Meine Lebensreise und mein Weg durch die Welt der Pferde hatte gerade erst begonnen: Pferde zu reiten, sie zu verstehen lernen. Ich erinnere mich an meine Eindrücke, als ich vor dieser Kiste stand. Die Form der Bits und ihre Silberverzierungen faszinierten mich, aber die Mundstücke, die scharfen Mittelstücke machten mir Angst. In meiner Unwissenheit fand ich sie furchterregend, sie schüchterten mich ein.

Mit zunehmendem Alter und weil ich mich immer wieder mit Spade Bits beschäftigte, dämmerte mir irgendwann, welche Schätze ich als Siebenjährige in der alten Holzkiste gesehen hatte. Heute könnte ich mir dafür ein Haus kaufen.
So wie es mir in meiner Jugend ergangen ist, haben es viele erlebt: zuerst ein wenig erschreckt, aber fasziniert. Wenn die Neugierde geweckt war, begannen manche später, das Bit neu zu entdecken.

Dieses Bit ist nicht für Anfänger gemacht, weder Reiter noch Pferde. Es gibt dafür keine Gebrauchsanweisung. Da ist lediglich die mündlichen Überlieferung von Generation zu Generation, was es ist und wie es optimal eingesetzt werden kann. Es gibt kein Buch, das den schwierigen Gebrauch genau beschreibt. Vielleicht kann man die Möglichkeiten für seine Anwendung überhaupt nicht in solche Worte fassen wie: „mit Gefühl“, „mit Sensibilität“ oder ähnliches.

Wenn einer der alten Vaqueros heute noch leben würde und auf unsere Fragen antworten sollte, würde er sich ebenso ungenau und bescheiden ausdrücken,
mit einem feinen Nicken oder einer kleinen Handbewegung. Das war wohl immer ihre Art, sich junge Leute oder Neulinge vom Hals zu halten. Man muss sich damit abfinden, dass es Geheimnisse auf dieser Welt gibt, die man nicht einfach mit einer Gebrauchsanweisung oder klarer Logik enträtseln kann.

Diejenigen, die sich vom Spade und seinem Gebrauch verzaubern lassen und sich ernsthaft mit der Materie beschäftigen, finden sich plötzlich in einer ganz anderen Welt wieder. Weil Informationen schwer zu bekommen sind, wird man immer tiefer in die komplizierte Lehre einer alten Reitkultur abtauchen müssen. Pferdeleute, die ihr Leben dieser Kultur gewidmet haben, sind schwer zu finden. Darüber hinaus kommt man kaum an sie heran. Die leben zum Beispiel nicht nach der Uhr. Sie nehmen sich einfach die Zeit, wenn es darum geht, ein Pferd auszubilden und richten sich dabei nach der „Uhr“ ihres Pferdes. Jeder Abschnitt der Ausbildung, der vom Pferd durch Können beantwortet wird und somit beendet werden kann, führt weiter auf dem Weg zum anspruchsvollen Titel eines wirklichen „Bridle Horse“. Der Weg ist weit, aber als Belohnung wird der Ausbilder immer wieder und regelmäßig seine Erfolgserlebnisse genießen können.

Hebelkraft? Nein Danke!
Um das Spade Bit zu verstehen, muss man erst einmal begreifen, was es NICHT darstellt: ES IST KEIN HEBELGEBISS!

Die meisten anderen Kandaren mit Seitenstangen werden als Hebelgebisse eingesetzt: z.B. die US-Kavalleriekandare mit den S-förmigen Seitenteilen oder das texanische Grazer-Bit. Sogar die modernen Bits, die in der Mitte der Stange (bar = Mundstück) ein Gelenk haben. Sie alle haben auch die so genannte Zungenfreiheit, ein Wölbung des Mundstücks, Port genannt.

So ein Hebelgebiss wirkt in erster Linie über die Kinnkette. Diese Wirkung wird durch den Port unterstützt, der dabei allerdings die kleinere Rolle spielt. (Davon später mehr).

Ein Pferd, das mit einem Hebelgebiss ausgebildet und geritten wird, konnte niemals lernen, „das Bit zu tragen“, hatte niemals eine Chance, dessen Bauform oder Gestaltung mit der Zunge zu ertasten. Die meisten Pferde reagieren nur auf den Druck der Kinnkette. Wenn jemand ein Hebelgebiss einsetzt, dann tut er das, um im entsprechenden Fall die Kinnkette schnell wirken zu lassen. Das passiert beim Stoppen oder wenn er die Geschwindigkeit des Pferdes drosseln will.

Die Mehrheit der Pferdebesitzer hierzulande (USA) nutzt Hebelgebisse. Die sind einfach zu verstehen: zieh’ dran, bis das Pferd steht. Wenn es nicht steht, zieh’ fester…
Für diejenigen die sich als Pferdebesitzer nur so nebenbei und oberflächlich mit dem Reiten beschäftigen, mag das genügen. Das sind aber auch diejenigen, die nie den Grad einer guten Horsemanship erreichen werden. Die werden immer Kraft beim Reiten aufwenden müssen. Dafür brauchen sie weniger Zeit bei der Ausbildung, weniger Einfühlungsvermögen dem Pferd gegenüber und viel weniger Wissen aus der Welt der Pferde.

Die Plattform

Um das Spade Bit und seinen sanften Einsatz (ohne Kraftaufwand) zu verstehen, muss man die Umstände kennen, in denen früher die alten Vaqueros (heute die Buckaroos) ihre Pferde ritten.
Auf heutigen Turnieren z.B. werden die Pferde in unterschiedlichen Ausbildungsstufen vorgestellt. Dabei kann der Reiter sich ausschließlich auf sein Pferd konzentrieren. Er sitzt kerzengerade drauf und konzentriert sich auf die Hilfen, die er gibt, und ob das Pferd sauber darauf reagiert. Es würde ihm Schwierigkeiten bereiten, sich gleichzeitig auf andere Dinge konzentrieren zu müssen: Über Hindernisse zu springen, eine Kuh auszusortieren oder am Zaun entlang zu treiben, damit sie an dessen Ende gebrannt, medizinisch behandelt werden kann usw.

Der Vaquero musste sich auf noch Komplizierteres konzentrieren – seine Reata!

Er musste sein Pferd sauber reiten und gleichzeitig in der Lage sein, es als „Plattform“ zu benutzen, um einen sauberen Wurf mit dem Lasso durchzuführen. Polospieler wissen, wovon ich spreche: je beweglicher das Pferd ist, ja schneller ich es manövrieren und positionieren kann, um so großer ist die Chance für einen optimalen Poloschlag. Ein Reiter, der sein Pferd mit wirklich feinsten Handbewegungen dirigieren kann, ist ein begnadeter Reiter. Kleine Handbewegungen haben den Vorteil, dass die Windungen der Reata geordnet bleiben, dass der Vaquero die Schlinge weich kreisen lassen kann und den Wurf akkurat loslassen kann. Auf kleine Handbewegungen wird ein Pferd nie hektisch reagieren. Also wird es so ausgebildet, dass es auf die feinsten SIGNALE reagiert.

Die Signale

Das Spade Bit wird auch als Signalgebiss bezeichnet. Der hohe, sich verjüngende Port mit seinem Löffel (Spoon), der Kupferrolle darin (Cricket) und den rechtwinkligen, mit Kupfer umwickelten Braces wurden entwickelt, das Pferd zu ermuntern und ihm zu erlauben, das Bit „aufzunehmen“ und in seinem Maul zu „tragen“.

Nach allem, was gerade darüber gesagt wurde, wird der Leser ahnen, dass an den Zügeln des Spade Bit niemals herumgezerrt werden darf. Die Mäuler von Spade Bit- Pferden werden geschont vom ersten Tag an, um jeden Preis. Nichts war dem Vaquero wichtiger, als das Maul seines Pferdes sensibel zu halten. Man spricht vom berühmten „samtmäuligen Spade Bit-Pferd.“

Wie jedoch kann dieser Schutz des Mauls durchgehalten werden, zum Beispiel auch während des Einreitens, wenn junge Pferde oft hektisch reagieren?
Durch eine Anzahl von gut durchdachten Trainingsabschnitten. Damit werden sie auf das Spade Bit konsequent vorbereitet.

Begonnen wird beim jungen Pferd mit der traditionellen Hackamore, einer gebisslosen Zäumung aus geflochtenem Rohleder. Wenn das Pferd nach ein oder zwei Jahren alle Hilfen versteht und alle gewünschten Manöver sauber durchführt, steigt es auf in die Stufe „Two Reins“ oder „Double Reins“. Dann wird ein dünneres (3/8 Zoll dickes) Bosal angelegt, darüber zum ersten Mal die Zäumung mit einer Kandare. Das kann auch ein anderes kalifornisches Roller-Bit sein.

Der Reiter hält vier Zügel, benutzt aber nur die Bosalzügel.

Wieder viele Monate später wird die Benutzung der Zügel langsam gewechselt.

Die Romal-Zügel zum Bit werden dann immer mehr eingesetzt, als die Bosalzügel. Irgendwann kann das Bosal weggelassen werden. Das Pferd ist ein Bridle Horse, eines das nur mit dem Bit geritten werden kann.

[Moderne Trainer beginnen heutzutage das Einreiten mit einem Snaffle Bit (Wassertrense) gehen aber später zu der oben beschriebenen Methode über, also zur Hackamore. Das ist nicht der traditionelle Weg!]

Während der Ausbildung sollen die Pferde geschmeidig und biegsam in allen Manövern und Bewegungen werden, die sie später auch mit dem Spade meistern sollen. Das Spade dient lediglich dazu, die feinsten Signale der Reiterhand zu empfangen. Es gibt keine Kinnkette. Vaqueros verzichten darauf. Sie nehmen dafür einen weichen Lederriemen. Der hat keine oder nur eine kleine Wirkung. Des Reiters feine Zügelhilfen gehen hinunter zu den Seitenteilen (Cheeks) des Bits, werden von denen auf den aufwendig konstruierten Port übertragen.

Das Pferd empfängt eine Nachricht, keinen Druck.
Während die vielen Benutzer von Hebelstangen ihre Anweisungen ans Pferd über die Zügel sprichwörtlich „Schreien“, deutet der Benutzer des Spade Bits seine Aufforderung flüsternd an….

Mechanische Funktion

Mit den Bits verhält es sich nicht anders, als mit anderen handwerklich gefertigten Stücken. Es gibt gute und es gibt andere. Der erfahrene Pferdemann sucht nach solchen, auf deren positive Eigenschaften die Pferde positiv reagieren. Ein Bitmaker darf so ein Bit nicht nur so fertigen, dass es hübsch anzusehen ist, es soll vor allem pferdegerecht sein. Die besten der oben genannten Handwerker können beides: Sie fertigen silberverzierte Kunstwerke, die optimal eingesetzt werden können.

Es wird bei den Bits viel über Balance gesprochen, der Begriff umfasst viel.
So manch einer glaubt, dass damit die Balance von rechts nach links gemeint ist. Klar, die soll sein. Aber was in diesem Zusammenhang wirklich mit Balance gemeint ist, ist diejenige von vorne nach hinten, sobald das Bit im Pferdemaul liegt.

Ein anderer Punkt ist die individuelle Form des inneren Pferdemauls. Wird das Bit wirklich zur anatomischen Form meines Pferdes passen? Dann ist da die Länge und Dicke der Seitenteile (Cheeks). Passt die Form der Cheeks? Vom kunstvollen Design der Cheeks hängt auch das Gewicht des Bits sowie die Verteilung seines Gewichts ab?

Die alten Bitmaker aus der Zeit vor der Industrialisierung, schmiedeten die Cheeks per Hand, achteten dabei auf unterschiedlich Dicke des Materials an bestimmten Stellen und verteilten so das Gewicht, wie sie es für das jeweilige Pferd für notwendig hielten. Manche Reiter, die das Glück haben, auf alte Stücke zurückgreifen zu können, haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Pferde mit einem alten Bit weicher gehen und sich ganz anders biegen lassen. Die gleichen Pferde, ausgestattet mit einem Bit, dessen Seitenteile aus Industriestahl ausgestanzt ist, sind für den Reiter schwerer erreichbar, reagieren lustloser.

Etwas gibt es zur Lage der Braces zu sagen (das sind die kupferumrollten Stäbe über der Querstange (Bar), die im rechten Winkel nach oben verlaufen).

 

Es geht um die Bohrungen, um die Löcher, in denen sie in den Cheeks verankert sind.
Die Länge, Weite und der Winkel des Mundstücks (Port und Braces) entscheiden, ob das Pferd das Bit akzeptiert und ob es das Bit „aufnehmen“ wird und auf der Zunge „tragen“ wird. Die Braces sollten nicht GENAU ÜBER der Querstange in den Seitenteilen (Cheeks) befestigt sein. Darüber schon, aber ein wenig schräg dahinter. Das verbessert wesentlich das Gesamtgefühl für das Bit im Pferdemaul, und das Bit lässt sich auf der Zunge besser tragen und balancieren.

Wenn die Braces so installiert sind, kommen sie (räumlich) unabhängig von der Querstange, aber gleichzeitig mit der Querstange auf der Pferdezunge zum Liegen. Das Gewicht wird auf der Zunge besser verteilt.
Gleichmäßige Verteilung des Gewichts im Maul bedeutet, dass nirgends ein Druck entsteht. Das Spade Bit soll als Signal Bit funktionieren, nicht als Hebelgebiss.

Zungenfreiheit?

Bei den Hebelkandaren gibt es den Begriff „Zungenfreiheitl“
Das klingt gut, ist aber schlecht.
Der Laie glaubt, dass sie eine Erleichterung für das Pferd darstellt.
Das Gegenteil ist der Fall. Bei der Zungenfreiheit handelt es sich um den Bogen, der sich in der Mitte der Querstange nach oben wölbt. Dieser Bogen legt sich über die Zunge und macht es dem Pferd schwerer, die Zunge zu benutzen, um die Kandare zu balancieren und VON DEN EMPFINDLICHEN LADEN DES UNTERKIEFERS FERNZUHALTEN. Deshalb hat das Spade Bit eine gerade Stange ohne Zungenfreiheit.

Ein guter Ausbilder wird sein Pferd nicht eher mit dem Spade konfrontieren, bis jegliche Auflehnung und jedes unregelmäßige, verunsicherte oder unruhige Verhalten seines Schützlings durch immer wiederkehrendes Training ausgeräumt ist. Dafür die lange Zeit in der Hackamore!

Aufregung, Anspannung, Widersetzlichkeit in einer Spade Bit-Zäumung bedeuten absoluten Alarm für den Ausbilder. Es ist in sich widersprüchlich, ein Pferd mit einem solchen Verhalten mit einem Spade Bit zu reiten. Eine Wiederholung der letzten Trainingssequenzen ist notwendig, um herauszufinden, wie es zu den Widersprüchen kommen konnte.

Ein guter Ausbilder wird sofort rückwärts gehen in die „Two Reins“ oder sogar in die Hackamore, um gründlich zu prüfen und doppelt zu prüfen, warum seine Trainingsschritte nicht so erfolgreich waren, wie er es geglaubt hat.

Ballett

Die Druck verteilende Konstruktion des Spade Bit ist es, die dem Pferd hilft, den richtigen Platz dafür in seinem Maul zu finden, um es ausbalanciert zu tragen.
Dafür wird es mit dem Kopf abnicken.
Man kann dann von einer Komfortzone im Maul sprechen.

Da machen dann auch größere Geschwindigkeiten nichts aus, immer vorausgesetzt, das Design des Mundstücks stimmt und der Pferdekopf steht im richtigen Winkel. Wenn das Pferd nämlich den Kopf hochreißen würde, wenn es auseinanderfallen würde, würde das Spade Bit unbequem zu tragen sein.

Gute Bridle-Pferde suchen nach dieser Komfortzone, sie merken genau, in welcher Haltung es bequem ist zu stehen, sich vorwärts zu bewegen oder auch entspannt zu arbeiten.
Man kann hier durchaus den Vergleich mit einer Tänzerin anstellen, die ein Buch auf dem Kopf trägt. Das tut ihr nicht weh, es erinnert sie jedoch daran, eine Haltung einzunehmen, die für den Tanz geeignet ist.

 

Die Verantwortung des Bitmakers

Die müssen vieles gleichzeitig beachten. Meistens sind sie auf Spade Bits spezialisiert und beschäftigen sich ausschließlich damit. Es gibt unzählige Entscheidungen, die für ein einziges Bit getroffen werden müssen. Von jeder hoffen sie, dass sie zu einem Endprodukt führt, das sowohl schön aussieht als auch gut funktioniert.

Es soll kunstvoll verziert sein, um den hohen Grad der Ausbildung des Pferdes widerzuspiegeln. Und natürlich muss es funktionieren, damit das Pferd mit seiner Hilfe alles zeigen kann, was es in seiner langen Ausbildung gelernt hat.
Von den Entscheidungen, die über den rohen Stahl und seine Bearbeitung bis hin zu den silbernen Verzierungen getroffen werden müssen ist die Herstellung eines Spade Bit ein großes Projekt: ein Denkmal für die Kunst und die Handfertigkeit des Bitmakers.

Die Verantwortung des Ausbilders

Das Bit ist aber auch ein Denkmal für die Geduld und die Einfühlsamkeit des Trainers, der das Pferd ausgebildet hat und ihm geholfen hat, in den hohen Stand eines Bridle Horse aufzusteigen.

Es ist kein Wunder, dass in einem Zeitalter, in dem individuelle Werte vergessen wurden und solchen einer Spaßgesellschaft weichen mussten, das Spade Bit in Vergessenheit geriet.
Der Gebrauch eines solchen Bits verlangt höchste Verantwortlichkeit an den Pferdebesitzer. Der muss sein Pferd von Anfang an so ausbilden, dass dessen Maul geschützt ist. Romal-Zügel mit den erforderlichen Ketten für die Balance sind notwendig.

Es sollte auch dafür gesorgt werden, dass die Pferde nicht am Bit angebunden werden, sodass sie nicht mit dem Bit irgendwo hängen bleiben oder anstoßen können.
Es gibt Gegebenheiten im Arbeitsleben eines Vaquero, in denen er auf den Gebrauch des Spade verzichten wird. Die Zähne des Pferdes sollten so gewachsen sein und durch regelmäßige Untersuchungen so gepflegt sein, dass es das Bit mit Wohlbehagen tragen kann.

Man kritisiert gerne Dinge, von denen man nur wenig versteht. Diese Zeilen sollen kein Versuch sein, JEDEN Reiter dazu zu bringen, begeistert auf das Spade Bit umzusteigen. Das Bit ist wirklich nicht für jeden geeignet.

Gute Reise.

Das Spade Bit ist kein Ausrüstungsgegenstand, es ist eine Philosophie!
Ehe es benutzt wird und sinnvoll benutzt wird, muss ein umfassender Denk- und Forschungsprozess beim Reiter stattgefunden haben. Diejenigen, die das schaffen, haben eine Reise begonnen, die ein Leben lang dauern wird. Die Dauer eines Menschenlebens kann gerade lang genug sein, alle Mysterien dieser Materie zu ergründen.

Na ja, es gibt (oder gab) schon einige Leute, die das Spade nie begriffen haben, es missbrauchten und nie gelernt haben, es zu schätzen. Die haben es als Hebelgebiss benutzt. Zum Vergleich: Sie haben Kakerlaken mit einer Violine erschlagen. Eine Violine sollte eigentlich zu etwas anderem benutzt werden.

Der harmonische Ritt auf einem voll ausgebildeten Bridle Horse ist ein Geschenk des Himmels. Natürlich muss der Reiter seine Zügelhand ebenso sensibel einsetzen, wie das Pferd das Bit aufgenommen hat. Leute mit harten Zügelhänden haben auf einem Bridle Horse nichts zu suchen. Es gibt Stimmen, die sagen, sie hätten auf KEINEM Pferd etwas zu suchen,

Der Benutzer eines Hebelgebisses wird sein Pferd benutzen, um von A nach B transportiert zu werden. Der Spade Bit-Pferdemann REITET.
Das ist ein Unterschied: der eine springt in einen Pool. Der andere klettert auf eine hohe Klippe über dem Meer und vollführt einen eleganten Kunstsprung. Nass werden sie beide. Es kommt darauf an, wie jeder seinen Weg gehen will.

Sich für eine Reitkultur zu engagieren, die Gefühl und Sensibilität fordert und fördert, ist eine ehrenhafte Sache. Intensiv zu fühlen bedeutet intensiv zu leben. Das sollten wir alle tun, ehe unsere Zeit abläuft.

Zusätzliche Bemerkung von S.Peisker

Als Übersetzer dieser Abhandlung möchte ich noch Folgendes ergänzen, das aus meinem eigenen Erfahrungsschatz stammt und das den wirklich fachkundigen Aufsatz ergänzen soll.

Im Gegensatz zu anderen Kandaren (auch z.B. aus den USA), hat das kalifornische bit immer eine gerade Stange (bar). Mike Bridges hat mir das anlässlich eines von mir selbst durchgeführten Umbaus eines texanischen bits zu einem roller bit erklärt.

Bei meinem texanischen bit war die Stange (über ihre ganze Länge) etwas gebogen.
Mikes Kommentar: „Wir Californios mögen das nicht. Unsere Stangen sind gerade. Mit dieser Biegung wird eine falsche Tendenz für die Balance gegeben. Das Pferd kann damit selbst nicht mehr bestimmen, wie es sich das Bit im Maul optimal zurechtlegen kann.“

Diese Aussage gilt nicht nur für das spade bit, sondern auch für die anderen, die kalifornischen roller bits: Salinas, Halfbreeds, Frogs, SanJoaquin usw..

Mike Bridges (rechts) hält mein modifiziertes texanisches roller bit, dahinter ein spade bit

Was ist „Jinete“?, Auf der Suche den Wurzeln und der Bedeutung eines Wortes

Was ist „Jinete“?, Auf der Suche den Wurzeln und der Bedeutung eines Wortes

Autor: Siegfried Peosker-

Von den Liebhabern der spanisch beeinflussten Reitweise wird das Wort „Jinete“ ehrfürchtig ausgesprochen, so, als wäre das, was dahintersteht, mit dem „Heiligen Gral“ vergleichbar.
So nennt man einen Reiter, der spielerisch seine Meisterklasse zeigt.
So nennt man auch ein hervorragendes spanischblütiges Pferd.
Das genügt aber noch nicht: Beide sollen „tanzen“ können, mit einem Gegner, einem anderen Reiter vielleicht, einem Stier oder an der Herde.

(Meine Empfehlung dazu: Google, Suchbegriff „Rejoneo Merlin“ und dann den Youtube Clip „Muestras de Rejoneo“ anwählen. Die meisten von uns lehnen den Stierkampf ab. Das ist auch in Ordnung und es ist eine Frage der Zeit, wann sich auch die Spanier dazu entschließen werden, ihn zu verbieten. Danach allerdings wird es Bilder von tanzenden Pferden wie „Merlin“ nicht mehr geben.)

Barockreiter, Reiter des wirklich klassischen Stils, Vertreter der Doma Vaquera, auch solche, die beim Westernreiten imstande sind, den spanischen Stil vom anglotexanischen abzugrenzen, benutzen das Wort „Jinete“ mit Respekt.

Kaum jemand weiß jedoch, dass die Wurzeln des Begriffs bei der Reitweise der Hunnen, der Mongolen und der Mauren zu suchen sind.
Und dass die Kunst des z.B. Rejoneo (Stierkampf zu Pferde, „toreo a la jinete“) nichts zu tun hat mit dem Offenen Sitz „a la jineta“ der asiatischen Steppenvölker: Die saßen (sitzen) auf Trachtensätteln hoch über dem Pferd und zwar mit kurz geschnallten Steigbügeln, wie der mongolische Reiter auf dem Bild.

 

Foto Dr. Rolf Peter Lacher

Es gibt diverse andere Deutungen des Begriffs jinete oder gineta:

In Mexiko nennt man „jinete“ einen Rodeoreiter. Z.B. so einen, der auf einem buckelnden Stier reitet, was ja wenig mit der Eleganz und Brillanz eines Reitmeisters zu tun hat. Gustavo Morales malte 1915 ein solches Bild und nannte es „Jineteando“, also eine Veranstaltung mit „jineten“

Hemingway („Tod am Nachmittag“) erklärt als „Gineten“ den unbeliebten Reiter auf dem gepanzerten Pferd, den Picador, der mit der Lanze den Stier schwächen und seine Rechts- oder Linkslastigkeit ausgleichen soll.
Der bewegt aber sein (oft minderwertiges) Pferd während der wenigen Minuten seines Auftritts im Stierkampf (zu Fuß, also Corrida, nicht Rejoneo) so gut wie gar nicht.

Das Gestüt „Alqueria“ in der Nähe von Malaga stellt sich unter dem Namen „jinete“ im Internet vor und bietet hochwertige spanische Pferde zum Verkauf.

Das internationale Wapedia beschreibt „jinete“ (auch Genitour) als rein militärisches Wort: Für die leichte Kavallerie, die im Mittelalter auf spanischer Seite bei der Wiedereroberung Spaniens kämpfte, aber auch in den italienischen Kriegen nach 1495 dabei war. Dabei bestand die Hälfte der Reitertruppen aus jineten. Es wird in Wapedia zwar erwähnt, dass das Wort einen berberischen Ursprung hat, aber Hinweise auf Trachtensättel, kurze Steigbügel oder Stierkampf fehlen.

Sadko G. Solinski, Autor des vorzüglichen Sachbuches „Reiter, Reiten, Reiterei“ beschreibt die Wiege der iberischen Reitweise so:
An der Mündung des Guadalquiviers wurden zu biblischen Zeiten die wilden Auerochsen vom Pferd aus gejagt und erlegt. Mit der so trainierten Technik wurden später die Phönizier bekämpft.
„Aus dem Stierkampf wurde der sogenannte Gineta Kampf,“ schreibt er.

Das Wort Jinete bzw. Gineta entstand aber erst im Mittelalter!

Warum reiten Jinetemeister wie Pablo el Hermoso heute auf seinem „Merlin“nicht mehr mit kurzen Steigbügeln „a la jineta“?

Der Verfasser dieses Artikels wird versuchen,
Klarheit in das Durcheinander zu bringen.

Solinski hat Recht, was die Brillianz der Reitweise angeht.
Auch darin, dass die Iberer ihre Geschicklichkeit zu Pferde dem Training und dem Kampf mit den Stieren verdanken.
Das Wort jinete oder Gineta gab es damals aber noch nicht. Es entstand erst im Mittelalter und sein Ursprung ist maurisch (berberisch-arabisch).

Auch die Ausrüstung und die Reitweise des antiken iberischen Jägers entsprach nicht derjenigen der maurischen Zeneten, die viel später nach Spanien eindrangen. Die Iberer ritten ohne Sattel oder nur mit einfachen Kissen und sie kannten weder Steigbügel, noch scharfe Gebisse.

Die maurischen Zeneten jedoch (ab 711 n. Chr.) kannten bereits den Trachtensattel und sie ritten mit kurzen Steigbügeln „a la jineta“.

Das bestätigt Donald Chavez y Gilbert („Origins of the first American Cowboys“ Chp.6 “The role of the saddle”)
“The Moslem cavalrymen rode a la jineta, with very short stirrups”,
also mit sehr kurzen Steigbügeln.

Unter der Abbildung eines Maurensattels steht: “ La Jineta, Moslem Cavalrymen Saddle.“

„Jinete“ als spanisches Wort ist eine Verballhornung für den Namen des Berberstammes der „Zeneten“ (oder Zenethen).
Die haben während der Eroberung und Besetzung Spaniens (711 bis 1492) eine Rolle gespielt, weil unter den maurischen Truppen verhältnismäßig viele Soldaten dieses Berberstammes auf der iberischen Halbinsel stationiert waren.

Zum Satteltyp: Die aus den Steppen Asiens stammenden Trachtensättel zeigen, im Gegensatz zu Kissensätteln, zwei hölzerne Längsträger auf dem Rücken des Pferdes. Die verlaufen parallel zur Wirbelsäule und schützen diese.
Die Hunnen benutzten sie schon. Später (und heute immer noch) die Mongolen. Mit den Arabern kamen sie nach Nordafrika und mit den Mauren (Berbern) nach Spanien.
Immer wenn diese Völker in Europa eindrangen, saßen die Reiter auf Sätteln mit festem Baum (hoch über dem Pferd) und sie ritten mit kurzen Bügeln „a la jineta“. Die Reiter Europas begegneten ihnen im Kampf auf Kissensätteln (ohne Trachten) Ihre Beine waren lang gestreckt. Dieser Reitsitz heißt „a la brida“.

Quelle: Gueriniere, „Ecole de Cavalery“

Das Heer des damaligen Herrschers der iberischen Halbinsel (das war der Westgotenkönig Roderich) wurde besiegt, obwohl es zahlenmäßig weit überlegen war. Seine gepanzerten Reiter auf schweren Pferden waren den leichtbewaffneten Kämpfern mit dem Krummschwert und deren beweglichen Pferden nicht gewachsen.

Die moslemischen Mauren besetzten fast ganz Spanien und sogar Teile Frankreichs und verbreiteten ihre Kultur 700 Jahre lang. Sie brachten die indisch- arabischen Ziffern nach Europa, die wir heute noch benutzen.
Sie gründeten die ersten Bildungszentren, z. B in Cordoba, wo Philosophie, Recht, Medizin, Chemie, Mathematik, Physik und Astronomie gelehrt wurden.
Um nur zwei Beispiele zu nennen:

1.) In Europa war es verboten, den Körper Verstorbener zu öffnen, um daran medizinische Studien zu betreiben. Dagegen brachten die Mediziner der Mauren, quasi im Handgepäck, detaillierte Zeichnungen mit, in denen jede Einzelheit des menschlichen Körpers betrachtet werden konnte. Sie waren natürlich auch in der Lage, chirurgische Eingriffe vorzunehmen.

2.) Ohne das arabische Wissen um die Astronomie hätte sich Columbus niemals auf den Weg über den Atlantik in die Neue Welt gewagt.
Ironie der Geschichte: die gleichen Könige („Los Reyes Catolicos“ Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon) die Columbus auf den Weg schickten, vertrieben die letzten Mauren aus Granada…

Die neuen arabisch sprechenden Herrscher praktizierten religiöse Toleranz, so dass Moslems, Juden und Christen gemeinsam leben konnten. So etwas hatte es vorher nie gegeben!

In der Geschichte der Menschheit ereigneten sich unendlich viele Kriege und Eroberungen. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Besiegten (hier die Iberer) die Sitten und Gebräuche, die Mode und Teile der Sprache der Sieger übernommen. So haben die Spanier letztendlich auch die Reitweise „a la jineta“ der Mauren adoptiert und sie gefielen sich darin, mit extrem kurzen Steigbügeln zu reiten.

Warum sollten spanische Adelige nicht so reiten können wie der arabische Adel? Die Besiegten orientierten sich an der Mode der Sieger.
Im Stierkampf funktionierte der neue Sitz ebenso gut, wie „a la brida“.

Bald rangierten im Land zwei Reitstile nebeneinander: „a la jineta“ und „a la brida“.

In den Jahrhunderten der Reconquista, der Wiedereroberungskriege der Spanier gegen die Moslems, glänzten die spanischen Ritter mit ihrer Kampftechnik, die inzwischen mit dem spanischen Wort „jineta“ benannt wurde. Sie waren besser als ihre Gegner, weil der Ursprung ihrer Reiterei in der Erfahrung mit den Stieren in freier Wildbahn lag und weil ihre Geschicklichkeit und die ihrer Pferde während der Stierkämpfe auf den Gütern des spanischen Adels immer wieder verbessert wurde. Die typische gefürchtete Waffe war die kurze Lanze, die einhändig oder auch zweihändig von oben herab eingesetzt wurde und jeden Panzer durchschlug..

 

Diese todbringende Überlegenheit der spanischen Ritter wurde von den maurischen Besatzern gefürchtet und in Geschichten und Legenden der Nachwelt überliefert. (Siehe Solinskis „Reiter, Reiten, Reiterei“ Seite 30: Der maurische Chronist Abu Bakr al Turtusis berichtet über Vorfälle im 11ten Jahrhundert).

Nur die einfachen Peones und Vaqueros verblieben (zum Glück) bei ihrer vertrauten Reitweise „a la brida“. Ein unberechenbares Jungpferd mit hochgeschnallten Steigbügeln und mit dem „Offenen Sitz“ (die Definition ist von Steinbrecht) ohne Knieschluss einzureiten, ist ein mehr als schwieriges, wenn nicht unmögliches Unterfangen.

Curd Johnson schreibt in einem Aufsatz („Lanza Gineta, Spanish Light Cavalry of the Early Italian Wars“)
“The jinetes were consummate horsemen who rode sprightly bob-tailed horses, jockey style, that is, using very short stirrups. Bayard’s Loyal Serviteur, 129ff., described this as riding à la geneta, „that is to say…as do the Moors.“
(Das waren also hervorragende Reiter, die ihre Pferde wie Jockeys ritten, mit sehr kurzen Steigbügeln…so wie die Mauren, „a la geneta“.)

Bemerkenswert ist, dass zur Zeit der Besatzung in Spanien Moslems und Christen miteinander konkurrierend sich gegenseitig beobachteten, dass sie dadurch voneinander lernten. Dass sie sich auch austauschten, denn wenn sie nicht an der permanent wandernden Grenze im Krieg miteinander lagen, dann luden sie sich gegenseitig ein und veranstalteten Reiterspiele. So entstand das, was Arnold Rojas in seinem Buch („These were the Vaqueros“) beschrieb:
„…the Arabic-Iberian school of horsemanship called la jinete”

1492 wurde das letzte maurische Heer vor Granada geschlagen.

In den darauf folgenden 200 Jahren fanden in Europa zwei große Veränderungen statt, die die Pferdewelt und das Reitwesen von Grund auf erneuern sollten:

1.) Die Veredelung der europäische Rassen durch die Berberpferde.
2.) Die Gründung erster Reitakademien.

Zu 1.)
Die Mauren hinterließen der Welt ein wertvolles Erbe:
Das etwas kleinere Berberpferd veredelte die spanischen Rassen und damit später fast alle anderen europäischen Rassen.
Leichte Pferde mit kurzen Rücken, die sich zum „Tanzen“ und zum Repräsentieren eigneten, weil sie beweglich und gelehrig waren, gut zu dressieren und darüber hinaus noch schön anzuschauen. Kaiser, Könige und Adelige in ganz Europa rissen sich im 16 ten und 17ten Jahrhundert um diese Pferde. Genannt wurden sie „Geneten“ (Jineten).

Berber veredelten die Lipizzaner, Frederiksborger, Oldenburger, Holsteiner, Friesen, Kladruber, Orlowtraber. Über die spanischen Andalusier beeinflussten sie auch die gesamten amerikanischen Pferde, Mustangs, Quarterhorses, Criollos usw.

Sogar die englischen Vollblutgalopper beziehen sich auf einen Urahn. Godolphin wurde von Tunis an den französischen König verschenkt (Ludwig XV). Dann gelangte er nach England und wurde Stammvater der englischen Vollblutzüchtung. Nur noch zwei weitere Beispiele:
– Pluvinel war in Paris Reitlehrer von Ludwig XIII. Dessen Schulpferd war ein brauner Berber, den Meister Pluvinel über die Maßen lobte.
– Napoleons Lieblingspferd war der „Barbe“ „Aly“

Zu 2.)
Wer weiß denn heute noch, dass Süditalien (das Königreich Neapel) und Sizilien mehr als 300 Jahre lang von den Spaniern beherrscht wurde? Das war aber die Ursache für das Entstehen der großen europäischen Reitakademien. Die spanischen Jinetesoldaten ritten in Neapel auf ihren leichtfüßigen Geneten und wurden mit Ehrfurcht und Begeisterung betrachtet. Wer kennt ihn nicht, den Wunsch: „So möchte ich auch reiten können,“
„so ein Pferd möchte ich auch besitzen…“

Italiener drängten sich darum, die Arbeit in den Ställen der Spanier zu verrichten, nur um denen beim Reiten zuschauen zu dürfen oder um eine Reitstunde zu bekommen.

Ein Adeliger, Federigo Grisone gründete die „Neapolitanische Schule“, die so bekannt wurde, dass auch ausländische Adelige dort lernen wollten, um das Kriegshandwerk zu Pferde zu erlernen. Der Franzose Antonio de Pluvinel besuchte die Akademie von Neapel schon als 11 jähriger und gründete später in Paris selbst eine Reitschule. Er wurde der Lehrer von drei französischen Königen in Folge.

Robichon de la Gueriniere, der größte und vorläufig letzte von etlichen großen Reitmeistern dieser Zeit , schrieb 1733 sein Werk „Ecole de Cavalery“, das heute noch Gültigkeit hat und das für die nächsten 100 Jahre den französisch klassischen Reitstil begründete. Zum ersten Mal ist von „Freude an der Kunst des Reitens“ die Rede, man spricht über die Gymnastisierung der Pferde. Diese Art, Pferde auszubilden und zu bewegen, wurde Mode an den Schlössern der europäischen Könige und Adligen.
Der Nachwuchs lernte reiten oft eher als lesen und schreiben…
Spanische Mönche und Soldaten (und das waren überwiegend Adelige, brachten die Mode nach Kalifornien und setzen Maßstäbe für die Reitweise der Vaqueros, die 50 bis 100 Jahre später, die Lehrer der Cowboys werden sollten.

Zurück zu unserem Thema „Jinete“.
Alle diese Reitmeister lehrten den Sitz „a la brida“ mit gestreckten Beinen. „A la jineta“ wurde in Europa vergessen, …..so ist das mit der Mode….

Gueriniere begründet aber auch die Vorteile des Sitzens mit gestrecktem Bein (a la brida).
Auf seiner Seite 150 (Olms Verlag, Übersetzung von Daniel Knöll 1817) schreibt er: „Was die Schenkel (er meint die Waden), als die unteren beweglichen Theile anbelangt, so dienen solche, den Leib und die Hinterhand des Pferdes zu führen und in Gehorsam zu erhalten. Ihre wahre Stellung ist, dass sie von dem Knie bis nach unten gerade und ungezwungen gehalten werden, dass sie nahe am Pferd liegen, ohne es jedoch zu berühren, und die Dickbeine – nebst den Knien – herum und nach innen gewendet werden, damit der flache Theil des Schenkels…gleichsam wie angeleimt sey………“

Die Begriff „Jinete“ für einen Meister der spanischen Reitweise ist geblieben. Die reiten aber heute wieder „a la brida“ wie wir bei Pablo el Hermoso auf seinem Pferd „Merlin“ gesehen haben.

Darüber hinaus hat das Wort im Ausland (z.B. in Lateinamerika) an Bedeutung verloren. Die sagen zu jedem Raureiter „jinete“.

Oder es wird sogar als Firmenlogo benutzt, ohne dass die Inhaber jemals etwas über den Hintergrund gehört haben, in dem Hunnen und Mongolen eine Rolle gespielt haben.

Zeneten, Berberstamm
la jineta, die spanische Reitkunst
el jinete, der Reiter, das Pferd
Gineta Reiterkampf
Geneten- Sitz
Gineta- Stange
Genitour (militärisch)
Jennet (im Mittelalter „ein leichtes Pferd“)

Siegfried Peisker: Was ist „Jinete“?

Jean-Claude Dysli hat die ersten Quarter-Horses nach Europa gebracht

Jean-Claude Dysli hat die ersten Quarter-Horses nach Europa gebracht

Jean-Claude Dysli hat die ersten Quarter-Horses nach Europa gebracht, um uns die Westernreitweise und die Pferderasse zu zeigen, die für diese Art zu reiten prädestiniert ist.

Als Jean-Claude Dysli 1960 nach Amerika ging, hatte er ganz andere Ziele: Nach seinem abgeschlossenen Bauingenieur-Studium an der ETH in Zürich ging er nach Amerika, um dort sein Doktorat-Studium zu erweitern.

Es kam jedoch ganz anders. Kaum war er in Amerika, ging der reitverrückte junge Mann, der praktisch sein Leben lang geritten war, „klassisch europäisch“ und auf Rennbahnen, in den Cow-Palace in San Francisco, um sich das Westernreiten anzusehen.

Das Abenteuer von 1994: Jean-Claude mit dem Quartar-Hengst Nevada Victory beim täglichen Spaziergang auf dem Deck

Das Abenteuer von 1994: Jean-Claude mit dem Quartar-Hengst Nevada Victory beim täglichen Spaziergang auf dem Deck

Das war an einem Freitagabend. Er sprach die Brüder George und Harry Rose an, die damals zu den bedeutendsten Trainer von Western Horses zählten – und erhielt einen Job, den er am Montag danach antrat und vier Jahre lang behielt. Hier lernte er das ganze Alphabet des Westernreitens und wurde zum Trainer ausgebildet.

Studium, Verpflichtungen – all das war vergessen, durch die Faszination dieser Reitweise, die ihn in ihrer Leichtigkeit, ihrer Lässigkeit und ihrer Eleganz überzeugte.

Er ritt einige hundert junge Pferde ein und eignete sich dabei eine fabelhafte Sensibilität für diese Tiere an. Hier wurde er aber auch mit der Zucht des Qurter Horses vertraut, bekam Einblick in die Geheimnisse der Blutlinien und erkannte die ungewöhnlichen Qualitäten dieser Pferde. Nach dieser Zeit bei den Brüdern Rose arbeitete er in verschiedenen Gegenden der USA als Cowboy, nahm an vielen Turnieren teil und verdiente sich so seinen Lebensunterhalt.

 

Einige seiner Erfolge, um nur wenige zu nennen, waren die ersten Preise in Cutting und Working Cowhorse am Cowpalace zu San Francisco, in Santa Barbara und den Prestigepreis des „Best Cowhorse of Nevada“, den er gleich zweimal gewann.

Für damalige Begriffe waren dies enorme Leistungen, die den jungen Cowboy über die Grenzen von Californien hinaus bekannt machten. Vor allem jedoch hat die Bekanntschaft und spätere Freundschaft mit den Legenden Tom Dorrance und Ray Hunt den jungen Trainer derart geprägt, dass sein Leben nunmehr völlig anders verlief. Es ist der fast fünfzigjährigen Freundschaft mit Ray Hunt zu verdanken, dass Jean-Claude nun völlig anders mit Pferden umging und zum Erfolg kam.

Jean-Claude Dysli, Ray Hunt, Hengst Okie Isma Dad

Knappe zehn Jahre nach seiner Ankunft in den USA kaufte er sich eine kleine Ranch in Hollister, inmitten einer wundervollen Landschaft im mittleren Kalifornien und eröffnete hier seinen eigenen Trainingsstall, den er 11 Jahre mit Erfolg betrieb.

Obwohl er sich eigentlich so das Paradies vorstellte, zog es ihn 1981 wieder aus familiären Gründen zurück nach Europa.

Jean-Claude hatte sich dabei in den Kopf gesetzt, das Westernreiten in Europa einzuführen, und damit hatte er sich alles andere als eine einfache Aufgabe gestellt.

Die Vorführungen des „Cowboys“ wurden eher als Zirkusnummern denn als ernsthafte Reiterei gesehen. Immerhin gab man ihm die Chance, an einer Grossveranstaltung in Basel vor der versammelten Créme des Schweizer Pferdesports sein Können zu zeigen. Zuerst ritt er den Hengst in der klassisch kalifornischen Zäumung auf Kandare in einer traditionellen kalifornischen Dressur, danach zeigte er ein europäisches M-Dressurprogramm in der gebisslosen klassischen Hackamore und schliesslich als Working Cow Horse ohne jede Zäumung am Kopf. Und dies alles mit demselben Pferd ! Jetzt wurde er ernst genommen.

Ein Jahr später gab er seinen ersten Western-Reitkurs in der Schweiz. 1973, als Wolf Kröber ihn erstmals zur Equitana einlud, brachte er ein Dutzend weitere, durchwegs erstklassige Quarter Horses von Californien nach Europa. So konnte er an dieser Weltmesse Equitana einem grossen Publikum das Westernreiten präsentieren und damit das Fundament der europäischen Westernreitweise legen.

Er war von seiner Sache überzeugt und konnte andere davon überzeugen. Welchen einzigartigen Siegeszug aber, die von ihm nach Europa gebrachte Reitweise viele Jahre später haben sollte, davon hatte Jean-Claude Anfangs keine Vorstellung.

Und wer man Ihm zuschaut, ob er nun im RoundPen Bodenarbeit mit einem Jungpferd macht, im riesigen Sandviereck einen Reiner ausbildet oder am Rind arbeitet – kommt kaum auf den Gedanken, einen ehemaligen Hauptmann der Schweizer Kavallerie vor sich zu habe.

Er konnte  es nicht lassen! Unermüdlich arbeitet er weiter und bemüht sich, sein Wissen weiter zu vererben in der Hoffnung, den einen oder anderen Pferdefreund ein Stück weiter zu bringen.

Und rufte man Ihn „Cowboy“, ging Ihm ein leichtes Lächeln übers Gesicht. Einfach ein Pferdemann durch und durch

Manne Lesjak

Jean-Claude Dysli, Hengst Okie Isma Dad und seine Hündin Maggy

Jean-Claude Dysli, Hengst Okie Isma Dad und seine Hündin Maggy